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Donnerstag, 18.12.08:
Jedes Viertel hat so seinen Treffpunkt für die "Dorfjugend", ich glaube das ist eine internationale Einrichtung. Irgendeine Treppe, eine Bank oder ein Schulhof. Der Treffpunkt in unserem Viertel ist im Moment ausgerechnet meine Schulbank. Sie steht vor dem Haus, direkt neben der Tür, und ist eigentlich dazu gedacht, dass ich nachmittags, wenn es im Haus zu heiß ist und vor dem Haus Schatten ist, einen Platz zum Lesen und Schreiben habe. Und abends können die Kinder, die noch lernen müssen, auch dran sitzen, denn die Bank steht direkt unter unserem Außenlicht. Da wird dann die Tafel aus dem Wohnzimmer geholt und an den Papayabaum gehängt. Das hat aber irgendwie nur an den ersten Abenden geklappt. Seither hat die Ernsthaftigkeit des Lernens erheblich nachgelassen und es wird mehr gekichert als gerechnet. Trotzdem ist es uns lieber, die Kids sind vor unserem Haus, als dass sie um die Ecken ziehen, so haben wir doch ab und zu ein Auge auf sie. Und manchmal wird ja doch gelernt. Aber jetzt sind erst mal Weihnachtsferien.

 
 
Mittwoch, 17.12.08:
Heute kam sie an - die erste Weihnachtskarte!!! Darin enthalten war ein Bausatz für eine kleine Bienenwachskerze. Meine Jungs haben nur gestarrt und konnten überhaupt nichts mit den Einzelteilen anfangen, einer Wachsplatte und einem langen Docht. Immerhin bemerkten sie den angenehmen Honigduft. Als ich dann die Wachsplatte aufrollte, in der Mitte den Docht, und die Kerze Form annahm, ging ihnen ein Licht auf. Es ist immer wieder lustig, wenn verschiedene Kulturen aufeinander treffen.
 
Sonntag, 14.12.08:
Letzte Woche ist die Frau unseres Freundes Patrices gestorben, eine junge Frau von höchstens 35 Jahren. Und wenn Patrice nun von den vergangenen Jahren erzählt, dann frage ich mich, warum es manche Familien besonders hart trifft. Sie hatten zuerst eine Tochter, die heute 6 Jahre alt ist, dann hatten sie einen kleinen Sohn, der aber im Kleinkindalter starb. Dann hatten sie noch einen Sohn, den sie im Frühjahr dieses Jahres ebenfalls verloren. Und nun starb nach etwas 3-monatiger Krankheit die Frau. Patrice pflegte sie bis zum Schluss und war bei ihr, als sie starb, was für einen Afrikaner sehr ungewöhnlich ist. Normalerweise übernehmen diese Aufgabe weibliche Verwandte,

doch er ließ es sich nicht nehmen, bei seiner geliebten Frau zu bleiben. Die Tradition verbietet es ihm, bis zur Beerdigung das Haus zu verlassen. Die ist erst in einer Woche, weil einige Angehörige von weit her anreisen werden.
Heute Nacht hat die Frau unseres Vermieters einen gesunden Jungen zur Welt gebracht. Er wog 4 Kilo, das ist fast das Doppelte dessen, was sonst Neugeborene hier wiegen. Manchmal wenn ein Mensch stirbt und es mich besonders berührt, ist es so, als ob mir das Leben ins Gesicht lachen würde und sagen würde: "auf einen mehr oder weniger kommt es hier doch nicht an ! Das gleichen wir schnell wieder aus!"
Wie dicht Leben und Tod, Freude und Trauer doch zusammen liegen.

Samstag, 13.12.08:
Eine unserer Lieblingsbeschäftigungen ist es, beim Essen durch das Wohnzimmerfenster auf den Weg zu schauen, der an unserem Haus vorbeiführt, und die Leute zu beobachten. Heute Morgen beim Frühstück sahen wir Soli, ein etwa 15-jähriges Mädchen aus unserer Nachbarschaft. Sie arbeitet hart, sowohl in der Schule als auch im Haus ihrer Verwandten, bei der sie wohnt. Normalerweise lacht sie und ist zu Späßen aufgelegt, doch seit wir wieder zurück sind, haben wir eine Veränderung an ihr bemerkt. Sie hat abgenommen und ist immer ernst. Und so haben wir sie heute hereingerufen und gefragt, was denn los sei. Da sagte sie uns, dass bei ihr Zeremonien anstehen und man ihr sagte, dass sie dafür einen Ochsen bringen müsse, sonst würde sie sterben. Westeuropäer finden solch eine Drohung vielleicht lächerlich und tun sie mit einem Wink ab. Doch die Kinder Benins wissen sehr genau, dass die bösen Geister die Macht haben, Menschen zu töten. Jeder kennt mindestens einen Fall, in dem jemand starb, weil er verflucht war oder die Geister verärgert hatte. Die Drohung: "wenn Du das nicht tust, musst Du sterben" ist für sie sehr real. Was mich in diesem Fall maßlos ärgert ist der Ochse. Hätte man ihr gesagt, dass sie sterben müsse, wenn sie nicht an den Zeremonien teilnehmen würde, dann könnte ich das noch nachvollziehen. Doch Hintergrund dieser Drohung ist purer Egoismus und keine Forderung des Fetisches. Die Großfamilie will ein Fest und dazu gehört Fleisch - viel Fleisch. Und so setzen sie Soli unter Druck und versetzen dieses junge Mädchen in Todesangst, nur um ihr Fest zu kriegen. Dem Fetisch ist es völlig egal, ob sie einen Ochsen zur Zeremonie bringt. Doch die Leute profitieren von der Gelegenheit, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen und benutzen dafür skrupellos die Angst, die die Menschen vor den Geistern der Vorfahren haben.
 
Donnerstag, 11.12.08:
Gestern Abend brachte Noellie in der Gebetsstunde ihr Gebetsanliegen vor. Sie ist 17 Jahre alt, geht hier in Natitingou zur Schule und wurde im Juni dieses Jahres getauft. Sie lebt hier im Haus ihrer älteren Schwester Bernadette, einer langjährigen Adventistin und treuen Christin. Demnächst beginnen in Boukombé, wo sie herkommen, die Initiationszeremonien für junge Mädchen und Frauen. Die Familie hat bereits eine Nachricht geschickt, dass Noellie in den Weihnachtsferien kommen soll, um an den Zeremonien teilzunehmen. Diese Zeremonien sind immer mit einer Weihe an die Geister Vorfahren verbunden, und als Christin möchte sie daran nicht teilnehmen. Doch die Familie hat bereits angedroht, sie mit Gewalt nachhause zu holen und sie zu zwingen, an den Zeremonien teilzunehmen. Afrika hat uns wieder! Bitte betet für Noellie, dass Gott sie beschützen möge und ihr Glaube durch diese Erfahrung gestärkt werden möge.